Münchener Sicherheitskonferenz 2020 – Retrospektive
Von Holger Hüpen
Am vergangenen Wochenende hat die alljährlich stattfindende Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Vorsitz vom deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger stattgefunden.
https://securityconference.org/ueber-uns/vorsitz/
Bereits seit 1963 findet dieses umjubelte Großereignis jährlich in München statt und die Stadt steht Kopf. Weiträumige Absperrungen um den Veranstaltungsort Bayrischer Hof, Scharfschützen auf den Dächern und verplombte Gullideckel lassen schon erahnen, welch hochkarätiges Klientel dieser Event so anzieht.
Auch dieses Jahr kamen ca. 500 sehr einflussreiche Gäste aus den Bereichen der Politik und Wirtschaft um eine durchgetackte Agenda zu verschiedensten Themen abzuarbeiten.
Die Oberüberschrift dieses Jahr hatte als Thema eine Wortschöpfung „Westlessness“, nachfolgend ein kurzer Auszug zur Definition:
„Der Munich Security Report 2020 wirft ein Schlaglicht auf das Phänomen der „Westlessness“. „Westlessness“ beschreibt ein weitverbreitetes Gefühl des Unbehagens und der Rastlosigkeit angesichts wachsender Unsicherheit über die Zukunft und Bestimmung des Westens. Eine Vielzahl aktueller Sicherheitsherausforderungen scheinen direkt mit dem vielbeschriebenen Zerfall und Rückzugs des Westens verknüpft zu sein. Überdies scheint das Verständnis dafür, was es eigentlich heißt, ein Teil des Westens zu sein, in westlichen Gesellschaften verloren gegangen zu sein. Es bleibt unklar, inwieweit der Westen eine Strategie und gemeinsame Antwort auf eine sich abzeichnende Ära der Großmachtrivalität finden wird – wobei darin vielleicht die größte strategische Herausforderung für die transatlantische Partnerschaft liegt.“
O.K., kommen wir nun einmal zu einigen wesentlichen Dingen und wie man es auch sehen kann.
Das Wort Sicherheitskonferenz erinnert den Verfasser dieser Zeilen ein klein wenig an „Schutz“ oder Sicherheit im Sinne von defensivem, profilaktischem Verhalten. Es erinnert ein wenig an ein sicheres zu Hause in dem man sich Gedanken macht wie man die Türen besser vor Einbrechen schützt, die Fenster vielleicht mit mehr Pilzkopfbeschlägen sichert oder wo man genau welche Alarmanlage einsetzt. Tatsächlich wäre aber sogar die Installation einer Selbstschussanlage in meinem zu Hause gegenüber den großen Bestrebungen der Münchner Sicherheitskonferenz wohl noch als pazifistischer Ansatz einzuordnen. Der Name „Sicherheitskonferenz“ vermittelt einen völlig falschen Eindruck, dazu gleich mehr.
Auf der Website des Ladens steht dazu folgendes:
„Die MSC will Vertrauen fördern und zur friedlichen Beilegung von Konflikten beitragen, indem sie einen anhaltenden, kuratierten und zugleich informellen Dialog innerhalb der internationalen Sicherheitsgemeinschaft ermöglicht.“
Ich finde das super und es klingt nahezu pazifistisch – endlich mal eine Friedensinitiative könnte man denken.
Tatsächlich ist es aber so, dass diese Veranstaltung den Interessen der Rüstungs- und Kriegslobbyisten entspricht was man an Hand der Sponsoren dieser Veranstaltung bereits wunderbar sehen kann. Hier sind sämtliche großen Rüstungskonzerne Geldgeber dieser ach so pazifistischen Veranstaltung und ich frage mich allen ernstes, warum diese einen Laden unterstützen sollten, der dann deren ganz ureigenen, wirtschaftlichen Interessen widerspricht. Das wäre ein bisschen so als würde die „Zur Mühlengruppe“ als größter Wursthersteller einen Event der Tierschutzorganisation PETA supporten.
Sponsoren sind unter anderem: Airbus, Krauss-Maffei-Wegmann, Lockhead-Martin, Siemens und Rheinmetall – bravo! https://securityconference.org/ueber-uns/partner-und-sponsoren/
Es wird noch besser denn dieser Laden wird geführt als gGmbH. Für alle die sich im Gesellschaftsrecht nicht ganz so gut auskennen darf ich sagen, dass es sich hier um eine klassische Kapitalgesellschaft handelt die dem GmbH-Recht unterliegt wobei ein besonderes Augenmerk auf das kleine „g“ vor GmbH zu richten ist. Dieses steht nämlich für „Gemeinnützig“.
Bitte schaut mal was Wikipedia zum Thema „Gemeinnützigkeit“ schreibt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinnützigkeit
Gemeinnützig ist etwas das dem Allgemeinwohl zuträglich ist, also z.B. Die Planung und Errichtung von Kindergärten, Schulen, Obdachlosenunterkünften oder ähnliches. Der gemeinnützige Verein oder die Stiftung unterliegt dann, auf Grund ihres gemeinnützigen Handelns, speziellen steuerrechtlichen Regeln. Diese werden dann seitens Ertragssteuern oder Vermögenssteuern begünstigt bzw. sogar befreit.
Als wäre das nicht genug wurde noch eine Stiftung ins Leben gerufen die vom Verteidigungsministerium mit zwei Millionen gesponsert wurde. Und als wäre das immer noch nicht genug schiesst der Bund € 600.000,- hinzu was € 100.000,- mehr sind als im Vorjahr. Die 250 Bundeswehrmitarbeiter die diese Konferenz unentgeltlich in punkto Orga und Logistik unterstützen, lassen wir jetzt einfach kostentechnisch mal unter den Tisch fallen. Wisst ihr wer das bezahlt? Der Steuerzahler, also Du und ich!
Bis hierhin noch mal zum mitschreiben. Da treffen sich ca. 500 Regierungschefs, Aussen- und Verteidigungsminister, Berater und Wirtschaftsbosse auf einer Ebene die unter anderem finanziert wird durch die größten Rüstungsunternehmen dieses Planeten und der Veranstalter schwafelt von „der friedlichen Beilegung von Konflikten“ und das ganze wird finanziert durch Geld was der Deutsche Staatsbürger von seinen mühsam erarbeiteten Moneten in Form von Steuern an den Staat abgedrückt hat… cool, oder? Was wenn ich das nicht will, kann ich irgendwo unterschreiben oder vielleicht bei der nächsten Wahl jemanden wählen der meine Interessen tatsächlich vertritt?! Vielleicht bauen die auch genau aus diesem Grund jetzt für schlappe 150 Millionen Euro einen Burggraben rund um den Reichstag (Hoffentlich endet es wenigstens an dieser Stelle besser als beim Flughafen!)
Das mit öffentlichen, finanziellen Mitteln gerade im Resort des Verteidigungsministeriums nicht besonders naschhaltig umgegangen wird ist spätestens seit der Berateraffaire um die ehemalige Kriegsministerin Ursula von der Leyen klar. Ihre damalige Abteilung hat es geschafft im Jahr 2019 die größten Auslagen aller Ministerien für externe Berater rauszuhauen, genauer gesagt € 154,9 Millionen Euro. Ein riesen Batzen ging zufällig dahin wo Frau von der Leyens Sohn einen Arbeitsvertrag hat, zur Beratercompany Mc. Kinsey. Als wäre das immer noch nicht genug berief Frau von der Leyen Katrin Suder als Staatssekretärin ins Ministerium die, wie könnte es anders sein, von Mc. Kinsey kam – Zufälle gibt´s die gibt es gar nicht. Als diese Nummer langsam das Zeug zum Skandal entwickelt hat war Frau von der Leyen bereits in der EU angekommen. Als neue, unerwartete und auch niemals aufgestellte wie obendrein noch niemals vom Normalbürger wählbare – Präsidentin der EU-Kommission.
Aktuell gibt es einen Untersuchungsausschuss der feststellen soll, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Dabei wurde irgendwie herausgefunden, dass sämtliche Handydaten von Frau von der Leyens Diensthandy gelöscht wurden. Ich frage mich die ganze Zeit ob die Cyberkriminalitätsexperten der Bundesregierung die selben sind, die als „Spezialisten“ versucht haben die Daten auf dem Telefon wieder herzustellen was bis dato nicht gelungen ist. Sollte dem so sein ist es kaum verwunderlich das die bösen Russen uns an allen Stellen hacken und sabotieren können – Amateure! Noch interessanter ist aber die Frage warum man sich hier mit diesem Handy dauerhaft aufhält. Ist es bei solchen Summe denn üblich diese externen Beraterverträge zwischen Bundesamt und Mc. Kinsey mittels SMS zu vergeben?! „Hallo Horst, hier Uschi, Auftrag erteilt, Du brauchst nix schriftliches mehr, oder?!“ GEHT´S NOCH?!
Nun gut, die Konferenz ist nun vorüber und es wurde etwas über die Rede unseres Staatsoberhauptes Herrn Steinmeier berichtet. Dieser hat vermeintlich scharfe Kritik an den USA, Russland und China geübt, speziell bei den Freunden aus den USA hat Steinmeier die „Abwendung von der internationalen Gemeinschaft“ kritisiert.
https://www.tagesschau.de/inland/msc-steinmeier-101.html
Der Kriegsfalke aus den USA, Aussenminister Pompeo, wies natürlich diese Kritik umgehend zurück. Viel mehr sagte er, „der Westen gewinnt, zusammen gewinnen wir.“ Er rief wie immer dazu auf, sich zusammen gegen aggressives Auftreten von Staaten wie Russland, China oder dem Iran zu stellen – alter Hut.
Natürlich wurde er auch nicht müde für das US-Friedensgas zu werben welches mit dem größten Co2 Fussabdruck ever aus US-amerikanischen Böden gezaubert und nach Europa verschifft wird. Hier weiß er immerhin die Grünen auf seiner Seite die ja Gott sei Dank im Bundesrat für den Bau von LNG Terminals mitgestimmt haben um diese wertvolle Fracht auch entladen zu können – transatlantische Blödmannsgehilfen eben!
https://www.gegen-gasbohren.de/2019/06/11/gruene-enttaeuschen-bei-der-lng-abstimmung-im-bundesrat/
Es gab noch zwei interessante Gäste die ich hier einmal nennen und mit einem Gedankenspiel belegen will, was zugegebener Weise rein fiktiv ist… dafür aber lesenwert:
- Mark Zuckerberg – Facebook Gründer
Dieser hatte am Samstag von 16:00 – 16:30 einen Slot und sprach zu dem Thema: „Learn fast and fix things, social media and democracy“
Vielleicht hat der Facebook ceo vor den 500 Mächtigen und Einflussreichen ja die Chance genutzt, eine Abhandlung über den WikiLeaks Gründer Julian Assange zu halten. Dieser befindet sich immer noch in UK im Hochsicherheitsknast und wartet auf seinen Prozess hinsichtlich seiner Auslieferung an die USA. Mark Zuckerberg könnte hier vielleicht vor versammelter Mannschaft mitgeteilt haben, dass sich überdurchschnittlich viele Facebook-User für die Freilassung von Mr. Assange einsetzen -> „social media an democracy“ eben. Ein kleiner Hinweis an die US Entourage könnte mit einem Augenzwinkern von der Bühne gelautet haben: „Assange ist Australier, befindet sich in UK und hat kein Verbrechen begonnen, nix Auslieferung!“ -> Learn fast and fix things!
Übrigens kennen sich die beide schon länger, 2010 waren beide nominiert Man of the Year zu werden… and the Winner was… Mark Zuckerberg – Assange wurde immerhin Dritter.
2. Fatou Bensouda – Chefanklägerin beim Internationalen Strafgerichtshof
Diese hatte glaube ich keinen Redepart aber ihre Anwesenheit fand ich spannend. Der IStGH ist zwar eine Internationale Organisation im völkerrechtlichen Sinn, aber kein direkter Teil der Vereinten Nationen. Die Beziehung des IStGH zu den Vereinten Nationen ist in einem Kooperationsabkommen geregelt. Er wird entweder aufgrund der Unterbreitung einer Situation an den Gerichtshof durch einen Vertragsstaat, einer Verweisung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder aufgrund eigener Initiative des Anklägers tätig.
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Strafgerichtshof
Entscheidend ist die Zuständigkeit dieser Organisation, diese umfasst Kernverbrechen des Völkerstrafrechts, nämlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Jetzt wirds spannend, habe ich mir doch die Frage gestellt ob sich oben genannte Frau Bensouda vielleicht an der Canapé-Platte zwischen US Außenminister Pompeo und US-Verteidigungsminister Esper gestellt und gefragt hat, ob sie für ihre Kriegsverbrechen in Syrien, Lybien, Afghanistan, dem Irak… etc. sofort mitkommen mögen oder erst noch aufessen wollten.
Es könnte jedoch ebenso sein das sie sich mit einem Coffee To-Go Becher in der Hand, als letzte und verspätete Besucherin, noch schnell zu einem der Redebeiträge in die Sitzreihe direkt hinter unserer Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Außenminister Heiko Maas gesetzt hat. Hier stelle ich mir leicht amüsiert und zufrieden vor, wie sie sich nach vorne beugt und den beiden vorgenannten zuflüstert, dass es nicht erlaubt und völkerrechtswiedrig sei, einen Putschisten als neues und nicht gewähltes Staatsoberhaupt anzuerkennen – schönen Gruß aus Venezuela. Auch seien die deutschen F16 Kampfjets über syrischem Hoheitsgebiet eine Verletzung des Völkerrechts und der unerlaubte Angriffskrieg auf die Bundesrepublik Jugoslawien wäre rückwirkend auch noch mal Thema geworden. Abschließend stellt sie noch die Frage, ob einer der Beiden vielleicht die aktuelle Wohnanschrift der Herren Schröder, Scharping und Fischer hat… dabei schaut sie fragend nach links… dann nach rechts bevor sie sich zurücklehnt und dem Vortrag lauscht.
Alle klar, genug fantasiert, so einfach ist es in der internationalen Politik leider nicht und Recht ist noch lange nicht Recht. Es gilt tatsächlich das Recht des Stärkeren aber genau so sollte es in einer humanistischen, sozialen Welt in meinen Augen eben nicht sein. Heute sind es die USA die als imperiale Macht mit fast 1000 Militärbasen rund um den Globus ein modernes Raubrittertum betreiben, vermutlich wird es irgendwann in der Zukunft ein neues Imperium geben welches ebenso handeln wird.
Jeder von uns kann seinen Teil dazu beitragen, diese Unmenschlichkeiten nicht zu unterstützen. Es beginnt mit dem Bewusstsein, dass wir durch die öffentlich- rechtlichen Medien in punkto Politik lediglich manipuliert und gesteuert werden – nicht informiert! Stellt Euch die Frage ob ihr die Regierenden dafür gewählt habt in Kürze mehr als 70 Milliarden in Rüstung zu investieren und aktuell nur 18 Milliarden in Bildung.
Am Anfang steht das Bewusstsein und es fängt mit dem Verständnis an die wahren Hintergründe, beispielsweise auch zu einem Event wie der MSC, zu hinterfragen, zu verstehen und ganz klar abzulehnen – sofern ihr Freunde des Friedens seid!